Koloniale Vergangenheit

Paris - Louvre um etwa 1845 Bildquelle: Wikipedia - (Public domain)





PROTEKTORAT IN MAROKKO




Kolonialpolitik europäischer Staaten



Unter der Federführung Heinrichs des Seefahrers wurde Portugal zur ersten europäischen Kolonialmacht mit Kolonien in Südamerika, Afrika und Asien. Auch Spanien betrieb nach dem Ende der Reconquista eine exzessive Expansionspolitik, so eroberten die Spanier u.a. beinahe ganz Mittel- und Südamerika (außer das portugiesische Brasilien). Dies führte unweigerlich zu Konflikten mit Portugal, die aber im Vertrag von Tordesillas beigelegt wurden, in dem man die Welt in zwei Interessensphären aufteilte. 1580 fiel Portugal aus dynastischen Gründen an die Habsburgerherrscher Spaniens.


Frankreich Nationalsymbol Marianne

Spanien - Flagge





Portugal und Spanien


Bis 1640 verlor Portugal seine Unabhängigkeit, sank zur spanischen Provinz herab und verlor Teile seines Kolonialreiches an die aufstrebenden Holländer. Im Gegensatz zu den meisten anderen Kolonialmächten konnte Portugal allerdings einige seiner Kolonien bis in die 1970er Jahre halten, erst die Nelkenrevolution beendete die portugiesische Herrschaft in Afrika. Als letzte portugiesische Kolonie wurde 1999 Macao an die VR China zurückgegeben. Spanien verlor schon im 19. Jahrhundert die meisten seiner Kolonien in Mittel- und Südamerika, die bisher letzte unabhängig gewordene spanische Kolonie war die Westsahara, die 1975 von Spanien autonom wurde.



Portugal Koloniales Vermächtnis

Niederlande


Mit der Unabhängigkeit der Niederlande von Spanien begann auch diese in den kolonialen Wettstreit einzusteigen. Schon während des Unabhängigkeitskampfes schlossen sich niederländische Handelsgesellschaften zur Niederländischen Ostindien-Kompanie zusammen. Diese wurde durch staatliche Freibriefe mit weit reichenden Rechten ausgestattet (z.B. Unterhalten einer eigenen Armee). Zur Finanzierung wurden 1606 zum ersten Mal von einer Gesellschaft Aktien ausgegeben und die Anteilseigner wurden als Teilhaber aufgenommen. Am 6. April 1652 errichtete Jan van Riebeeck im Auftrag der Niederländischen Ostindien-Kompanie am Kap der Guten Hoffnung eine Versorgungsstation und begann damit die Kolonisation Südafrikas.



Niederlande - Flagge


Vom frühen 17. Jahrhundert an war die Niederländische Ostindien-Kompagnie auch die dominierende Macht in Indonesien, damals Niederländisch-Ostindien. Im 19. Jahrhundert waren die Niederlande die drittgrößte Kolonialmacht hinter Großbritannien und Frankreich. Zeitweilig waren die Holländer auch die Herren der Kasbah von Agadir, was eine Inschrift mit dem Jahresdatum 1746 über dem Hauptportal der Festung deutlich dokumentiert.

Sie lautet: Vreest God Ende Eert Den Koonig - Fürchtet Gott und ehrt den König.



Agadir - Kasbah Inschrift über dem Hauptportal

Frankreich - Flagge



Frankreich


Der französische Kolonialismus entstand in erster Linie aus Konkurrenz zu England/Großbritannien. Französische Entdecker und Seefahrer wie Jacques Cartier und Samuel de Champlain bereisten Nordamerika und gründeten die Kolonien Neufrankreich und Louisiana. Im Siebenjährigen Krieg musste Frankreich allerdings die gesamten Kolonien an Großbritannien abtreten und engagierte sich fortan in Afrika und Asien. Im 19. Jahrhundert war Frankreich dann hinter Großbritannien die zweitgrößte Kolonialmacht der Welt.



Paris - Kirche Notre Dame 4. Pariser Arrondissement

Deutsches Reich


Die geringe Anzahl deutscher Kolonien und Schutzgebiete am Ende des Ersten Weltkrieges und der Kolonialzeit begründet sich aus der Tatsache, dass Deutschland erst im 19. Jahrhundert mit der Kolonialisierung begann. Während andere europäische Mächte bereits ab dem 15. Jahrhundert begannen, Kolonien in Übersee zu gewinnen, traten die deutschen Länder bis dahin aus den verschiedensten Gründen nicht als Kolonialmacht in Erscheinung. Nur Brandenburg-Preußen bemühte sich Ende des 17. Jahrhunderts um einen überseeischen Kolonialbesitz und -handel. Ausgewanderte Deutsche gründeten in Übersee Siedlungen, die bisweilen als deutsche Kolonien bezeichnet werden. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs mussten gemäß dem Vertrag von Versailles sämtliche Kolonien an die Siegermächte abgegeben werden.



Reichsadler Kleines Deutsches Reichswappen nach 1888. Reichsadler mit Brustschild und Ordenskette - Bildquelle: Wikipedia (Public domain)

1. Marokkokrise


Die Erste Marokkokrise (1905 – 1906) entstand, nachdem ein Bündnis zwischen Frankreich und Großbritannien den französischen Einfluss in Marokko abgesichert hatte (Sudanvertrag 1899). Die Position Frankreichs führte im Deutschen Reich wegen der befürchteten Beeinträchtigung seiner wirtschaftlichen Interessen in Marokko zu internen Spannungen zwischen der Reichsregierung und dem Kaiser. Auf mehrfaches Drängen des Reichskanzlers Bernhard von Bülow gab Kaiser Wilhelm II. nach und besuchte am 31. März 1905 demonstrativ Tanger, um der deutschen Forderung nach einem Mitspracherecht in Marokko, die sich auf die Madrider Konvention von 1880 stützte, Nachdruck zu verleihen.



Kaiser Wilhelm II. Der Deutsche Kaiser und König Wilhelm II. v. Preußen (1859 - 1941) - Bildquelle: Wikipdia (Public domain)

Konferenz von Algeciras


In der Konferenz von Algeciras (Spanien) von 1906 konnte das Deutsche Reich zwar die faktische Übernahme der marokkanischen Märkte durch Frankreich, die dem geltenden Vertragswerk widersprochen hätte, verhindern, dennoch wurde seine Isolation sichtbar, zumal seine Ansprüche auf der Konferenz nur von Marokko selbst und auf der internationalen Bühne von Österreich-Ungarn unterstützt wurden.



Spanien - Algeciras La Calle Convento en 1909 - Bildquelle: Wikipedia (Public domain)

2. Marokkokrise


Die Zweite Marokkokrise ist unter dem Namen "Panthersprung nach Agadir" in die Geschichte eingegangen. 1911 wurde auf persönlichen Befehl Kaiser Wilhelms II. das Kanonenboot „Panther“ nach Agadir beordert, nachdem französische Truppen Fès und Rabat besetzt hatten. Das am 1. Juli 1911 eingetroffene Kanonenboot „Panther“ wurde nach wenigen Tagen durch zwei andere deutsche Kriegsschiffe, den Kleinen Kreuzer „Berlin“ und das Kanonenboot „Eber“, ersetzt. Ziel der deutschen Aktion war die Abtretung von Kolonialgebieten Frankreichs an das Deutsche Reich als Gegenleistung für die Akzeptanz der französischen Herrschaft über Marokko in Folge der ersten Marokkokrise. Drohgebärden wie die Entsendung der „Panther“ sollten dieser Forderung Nachdruck verleihen.



Agadir - Kasbah Blick von den Mauern der Kasbah auf den deutschen Kreuzer Berlin, der in der Bucht vor Anker liegt - Bildquelle: Wikipedia (gemeinfrei)

Marokko-Kongo-Vertrag


Die Krise wurde schließlich am 4. November 1911 mit dem Marokko-Kongo-Vertrag beigelegt, indem das Deutsche Reich auf seine Ansprüche in Marokko verzichtete und dafür mit einem Teil der französischen Kolonie Französisch-Äquatorialafrika (Neukamerun) entschädigt wurde. Die Gebietsgewinne waren nur ein Bruchteil dessen, was die deutsche Regierung angestrebt hatte. Durch diese Krise wurde die außenpolitische Isolation des Deutschen Reichs in Europa weiter verschärft.

Das nebenstehende Bild zeigt ein Treffen des Kaisers Wilhelm II. mit seinem Kanzler Bernhard Fürst von Bülow und dem Chef des Geheimen Zivilkabinetts des Kaisers Franz Joseph I. (Österreich-Ungarn) von Valentini an Bord der "Hohenzollern" 1908 in Kiel.



Kaiser Wilhelm II., Bernhard von Bülow und Valenti Bildquelle: Wikipedia - Autor: Unbekannt - Quelle: Deutsches Bundesarchiv, Bild 183-R03954 / CC-BY-SA - Lizenz s.u.

Protektorat Frankreich


Nach der Eroberung Algeriens ab 1830 versuchte Frankreich, seinen Einfluss auf Marokko weiter auszudehnen. 1843/44 kam es zum Krieg, der mit einer Niederlage der marokkanischen Truppen endete. In der Folge wurde Marokko zum Zankapfel der miteinander konkurrierenden europäischen Mächte. Zu Beginn des 20. Jahrhundert kam es im Zuge dieser Entwicklung zu einer Konfrontation Frankreichs mit dem Deutschen Reich: Es folgten die zwei Marokkokrisen, deren Beilegung bereits erwähnt wurde. Bereits ein Jahr später wurde das Land im Protektoratsvertrag vom November 1912 in die Protektorate Französisch-Marokko und Spanisch-Marokko im Norden aufgeteilt; die Stadt Tanger erhielt 1923 als Tanger-Zone internationalen Status. Formal blieb der Sultan Herrscher Marokkos.



Paris - Hotel de Ville Rathaus von Paris


Unabhängigkeit


Die volle Unabhängigkeit von Frankreich und Spanien erlangte das Land 1956. Lediglich die Enklaven Ceuta, Melilla und Sidi Ifni (bis 1969) blieben in spanischem Besitz. 1957 nahm Mohammed V. den Königstitel an. Nach seinem Tode 1961 folgte ihm sein Sohn als Hassan II. auf den Thron, der von Anfang an einen Kurs der Westorientierung mit starker Anlehnung an Frankreich und das Europa der späteren EG anstrebte. Die Spannungen mit dem unabhängigen Algerien führten 1963 zum algerisch-marokkanischen Grenzkrieg. In der gesamtarabischen Politik bemühte er sich um eine Mittlerrolle. Am 23. Juli 1999 (kurz nach dem Tod von Hassan II.) folgte ihm sein Sohn als Mohammed VI. auf den Thron. Im März 2011 kündigte Mohammed VI. als Reaktion auf die Ereignisse des Arabischen Frühlings Verfassungsreformen an. Marokko soll von einer konstitutionellen zu einer parlamentarischen Monarchie umgestaltet werden.



Essaouira - Stadttor Eingang zur Medina

Quellenangabe:


Die Informationen zur Geschichte der kolonialen Vergangenheit in Marokko basieren auf den Artikeln Kolonialismus (10.11.2010); 1. Marokkokrise (04.10.2010); 2. Marokkokrise (14.08.2010) und stammen zusammen mit den Fotos "Bundesarchiv Bild 183-R03954, Kaiser Wilhelm II., von Bülow und Valentini - Autor: Unbekannt - Quelle: Deutsches Bundesarchiv" - "Louvre um 1845" aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und stehen unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. Die Fotodateien unterliegen der Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland und dürfen unter deren Bedingungen weitergegeben werden.

Namensnennung: Bundesarchiv, Bild 183-R03954 / CC-BY-SA













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